Sagen Sie Nein, auch wenn Sie...

Sagen Sie Nein, auch wenn Sie...

verständnislose Blicke ernten!

Sie als Mutter oder Vater kassieren „verständnislose“ Blicke oder Bemerkungen vom Umfeld.
Kennen Sie diese oder eine ähnliche Situation?

Sie stehen vor der Kasse in der Schlange und das Kind schreit nach Süssigkeiten!
Sie sagen Nein, das Kind reagiert mit Tränen oder Wut.
Es ist frustriert und wird von seinen Gefühlen überschüttet. Sie sind vielleicht unsicher.


nein sagen kind von mutter in laden vor kasse in schlange


In einer Zeit in der alle meinen, sie wüssten wie Kindererziehung funktioniert und was zu tun sei. Wo Menschen ungefragt Ratschläge geben und ungeniert in den Kinderwagen schauen.
In einer Gesellschaft in der Familien, Mütter und Väter oft meinen sie müssten perfekt sein, dürften keine Probleme haben und sollten stets fröhlich sein, sind Gefühlsausbrüche das letzte was sich eine Mutter oder ein Vater wünschen. Schon gar nicht auf dem Spielplatz, im Supermarkt oder an einem öffentlichen Anlass.


Der Haussegen hängt schief und die geliebte Harmonie wird gestört.

Was tun, wenn heftige Gefühle wie ein Orkan durch die Stube fegt?

EIN BEISPIEL:
SIE STEHEN IN DER SCHLANGE, GUMMIBÄRCHEN NEBEN DER KASSE


Kleinkind Eva, 3 Jahre, schreit und
will unbedingt ein Pack „Gummibärchen“

kleinkind selbstbewusst liegt am boden kopf in haenden

Anregungen im richtigen (entwicklungsunterstützend) und gleichwertigen Umgang mit Gefühlsausbrüchen von Kleinkindern

  • Bleiben Sie ruhig, zählen Sie leise auf 10 (wenn Sie schnell zählen, dann auf 20) Damit schaffen Sie Distanz zu den Gefühlen des Kindes, um sie nicht zu übernehmen.
  • Beugen Sie sich auf Augenhöhe zum Kind runter und finden Sie Worte, die Sie hörbar aussprechen. Beschreiben Sie, wie sich Ihr Kind in diesem Moment wahrscheinlich fühlt:
Beispielsweise, Sie sagen:
Ich sehe, jetzt bist du wütend (traurig, frustriert, enttäuscht…). Es ist okey. Ich verstehe dich.


  • Sie packen Ihre gekauften Sachen ein.
  • Sie lassen die verständnislosen Blicke an sich vorbeiziehen.
  • Sie sind ausdauernd und versuchen sich auf ihre Tätigkeit, das Einpacken, zu konzentrieren.
  • Sie sind stark.

Eva schreit, wütet, beisst und schlägt. Verständnislose Blicke aus der Schlange.


  • Sie beugen sich erneut zum Kind hinunter (auf Augenhöhe).
Beispielsweise, Sie sagen entschlossen:
Stopp Eva, mich schlagen und beissen geht nicht. Du darfst deine Wut in mein Jackenknäuel boxen oder du darfst auf den Boden stampfen.



Eva schreit weiter. Sie lassen Eva weiter schreien und herumzappeln im Wissen, dass es wichtig ist, dass die heftigen Gefühle zum Ausdruck kommen.

  • Sie versuchen ruhig zu bleiben, zählen (nochmals) auf 20.
  • Sie packen Ihre Sachen ein, gehen mit Eva zum Parkplatz oder auf den Zug.
  • Sie lassen die "verständnislosen" Blicke oder Reaktionen an sich vorbeiziehen.
  • Sie stellen sich ihre eigene Oase der Ruhe und Gelassenheit vor (Inneres Bild).

Eva weint auf dem Heimweg. Langsam wird sie müde, erschöpft.


  • Sie bleiben ruhig und gelassen.
  • Sie reagieren verständnisvoll.
Beispielsweise, Sie sagen:
Ich verstehe dich. Mir ist klar, dass du enttäuscht bist. Das ist okey.


Was ist passiert?

Nachfolgend erhalten Sie Informationen für das bessere Verständnis gegenüber Ihrem Kind und einer solch möglichen und gefühlsbetonten Situation.



RÜCKBLICK


Neugierig auf das Leben

Kinder sind von Natur aus neugierig auf das Leben und gehen ganz natürlich ihren eigenen Bedürfnissen und Wünschen nach. Sie stossen an Grenzen. Mutter und Vater sagen Nein.
Viele Kinder sind hartnäckig und haben Fragen und Argumente (Bspw. „zu Hause hast du gesagt ich darf heute etwas Süsses“ ... „alle anderen dürfen auch“ ... „es ist unfair“ …). Je nach Gefühlslage, Ausdauer und Temperament sind Kinder sehr ausdauernd und fordernd.


AUSBLICK


Fähigkeiten fürs Leben

Sich zu wehren und um etwas Wichtiges zu kämpfen ist eine menschliche Fähigkeit, die gelernt werden will und muss. Ihr Kind ist gerade im Begriff diese Fähigkeiten zu entwickeln. Sie helfen ihm dabei, den Rahmen zu geben, mit möglichen Enttäuschungen umzugehen und diese Fähigkeit des „Umganges mit Frustration“ zu erlernen. Diese Entwicklung dauert Jahre und begleitet uns oft auch im Erwachsenenalter.

Stellen Sie sich vor, Ihre Tochter/Ihr Sohn gibt auf, nachdem sie/er eine Absage auf die erste Bewerbung erhält. Sie wünschen sich sicherlich auch ein Kind, das ausdauernd ist, sich für seine Zukunft interessiert und sich dafür einsetzt.


Gefühle raus lassen ist gesund

Heftige Gefühle und Gefühlsausbrüche bei Kindern jeden Alters gehören zur gesunden Entwicklung. Kinder lassen ihren Gefühlen freien Lauf. Das muss so sein. Das ist ein ganz natürlicher und gesunder Prozess. Denn nach heftigen Gefühlen folgt eine innere Balance, ein innerer Frieden.

Werden die Gefühle und die heftigen Reaktionen des Kindes von Mutter oder Vater ins lächerliche
gezogen, unterdrückt oder gar verboten, dann stauen sich die Gefühle an und kommen häufig in einer anderen Situation, oft noch viel heftiger, zum Ausdruck. Nicht ausgelebte Gefühle können das Kind in seiner Entwicklung blockieren.

Das Gefühlsleben Ihrer Kinder gibt Ihnen als Eltern, Mutter und Vater einen Anhaltspunkt wo Ihr Kind in seiner Entwicklung gerade steht.
Deshalb, erlauben Sie Ihren Kindern zu den heftigen Gefühlen zu stehen, sie anzunehmen und sie zum Ausdruck zu bringen. Denn nichts ist so wertvoll wie echte Gefühle.


Wie können Eltern ihrem Kind – und sich selbst – helfen und unterstützen?

Ihre verständnisvolle Haltung „Ich verstehe dich und deine Gefühle. Du bist okey. Ich halte die Situation aus, auch wenn du wütend bist“, ist der erste Schritt Ihrem Kind Verständnis entgegenzubringen und es so zu akzeptieren wie es in diesem Moment gerade ist.

Das Kind fühlt sich oft ernst genommen wenn Eltern, Mutter, Vater wortwörtlich auf Augenhöhe mit dem Kind die schier aussichtslose und missliche Situation in Worte fassen können.
Bitte verzweifeln Sie nicht, wenn das Kind dies im ersten Moment nicht gleich „mit einer positiven
Reaktion“ zeigen kann. Haben Sie Verständnis weil das Kind am Lernen ist, mit Ihren Grenzen umzugehen und angepasste Reaktionen zu zeigen.

Geben Sie Ihrem Kind die Zeit und die Möglichkeit, seinen Frust und seine Wut auszudrücken. Das Kind lernt auf diese Weise, seine Gefühle zu erkennen, anzunehmen und einen Umgang damit zu finden.


Bleiben Sie sich treu

Auch wenn Sie sich manchmal unsicher fühlen.

Überlegen Sie sich kurz, was lässt Sie zögern, Nein zu sagen. Die verständnislosen, verstörten oder „bösen“ Blicke der Nachbarschaft, die gut gemeinten Ratschläge, Ihre Unsicherheit?

Lassen Sie sich nicht in die Irre führen. Bleiben Sie sich treu, halten Sie kurz inne und holen Sie sich Ihre gedankliche „Oase der Kraft“ in Erinnerung. Reagieren Sie gestärkt auf die ausdauernde, oft hartnäckige vielleicht sogar sture Art Ihres Kindes. Bleiben Sie mit ihm auf gleicher Augenhöhe in ihrer Haltung und erhalten sie durch jede neue herausfordernde Situation mehr Sicherheit.


Ein starkes Kind ist mutig, traut sich etwas zu und setzt sich für sich und andere ein. Freuen Sie sich darüber, dass dieses Kind Ihr Kind ist!




Den Starken gehört die Leitung, den Mutigen die Beziehung – deshalb seien Sie beides!

Es braucht beides um Grenzen in der Familie erfolgreich umzusetzen. Seien Sie als Mutter und Vater stark und mutig und haben Sie eine gesunde Portion Selbstbewusstsein :)


PS: Jedes Kind reagiert anders, auch jede Mutter, jeder Vater.

Haben Sie ein typisches Beispiel aus Ihrem Familienalltag und fragen sich, wie Sie damit umgehen könnten?

Ich bin gespannt auf Ihre persönliche Nachricht via Mail oder Online-Formular.

Martina Rüttimann, Fachfrau für Familie und Erziehung
mail@martinaruettimann.ch, +41 79 280 49 53

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Veröffentlicht
07.12.2019

Aktualisiert

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Martina Rüttimann